Missouri State Penitentiary – die „blutigsten 19 Hektar der USA“ (2024)

Missouri State Penitentiary – die „blutigsten 19 Hektar der USA“ (1)

Robin Hartmann Freier Autor

20. November 2022, 13:39 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Im Jahre 1836 eröffnet, galt das Missouri State Penitentiary lange Zeit als das vorbildlichste Gefängnis der gesamten Vereinigten Staaten. Dieses Image wandelte sich allerdings, unter anderem durch zahlreiche Hinrichtungen und einen gewaltsamen Aufstand der Insassen. Und so nannte das „Time Magazine“ den Knast einst die „blutigsten 19 Hektar der USA“. Erst 2004 wurde er geschlossen – und hat sich seitdem zum Touristenmagneten entwickelt.

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In Jefferson City, der Hauptstadt des US-Bundesstaates Missouri, steht eines der geschichtsträchtigsten Gefängnisse des Landes. Das Missouri State Penitentiary hat in den 168 Jahren, in denen es als Besserungsanstalt diente, vieles gesehen. Lange Zeit als Vorzeige-Knast gefeiert, wandelte sich sein Image mit der Zeit so drastisch, dass das renommierte „Time Magazine“ den Ort 1967 als die „blutigsten 19 Hektar der USA“ bezeichnete. Vermutlich deswegen ist der ehemalige Knast, der erst 2004 für immer seine Pforten schloss, aufgrund seiner bewegten Geschichte zu einem Touristenmagneten geworden.

Es ist das Jahr 1831, als laut der offiziellen Seite des Missouri State Penitentiary der damalige Gouverneur von Jefferson City, John Miller, beschließt, die noch junge Stadt müsse ein Gefängnis bekommen. Hinter der Forderung steckt kaltes Kalkül, denn Miller möchte, dass „seine“ Stadt Regierungssitz des Bundesstaates bleibt – und tatsächlich ist sie das ja auch bis zum heutigen Tage. 1834 beginnt also der Bau des Gefängnisses, das sich bald einen Namen als eines der effizientesten des gesamten Landes machen sollte.

Effiziente Verwahrungs-Maschinerie

Missouri State Penitentiary – die „blutigsten 19 Hektar der USA“ (2)

1836 bekommt das Missouri State Penitentiary mit Wilson Eidson seinen ersten Häftling, in den folgenden Jahrzehnten wächst die Anzahl der Insassen sprunghaft. Viele Teile des Gebäudekomplexes, von denen zahlreiche heute noch stehen, werden in den Anfangsjahren von den Verurteilten selbst gebaut. Ab 1842 nimmt der Knast auch Frauen auf – und wird in den Folgejahren zu einem der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren für Jefferson City. Die Insassen betreiben aus dem Gefängnis heraus alleine sechs Schuh-Manufakturen, stellen auch diverse andere Handwerkserzeugnisse her. Unter anderem beherbergt das Missouri State Penitentiary so eine Zeit lang die größte Sattelbaum-Produktion auf der ganzen Welt.

In den 1890er-Jahren ist das Missouri State Penitentiary eine extrem effiziente Verwahrungs-Maschinerie. Jeder von den bald gut 2000 Häftlingen kostet den Staat pro Tag nur umgerechnet 11 US-Cents. Eine Lokalzeitung bejubelt den Ort 1900 als das „großartigste Gefängnis auf der ganzen Welt“. Dabei ist längst nicht alles so glänzend, wie es scheint. So kommt es hier immer wieder zu teils erfolgreichen Fluchtversuchen. Bereits 1868 entdeckt man einen Tunnel, mittels dem im schlimmsten Fall wohl zahlreiche der damals 700 Häftlinge entkommen wären. Zu dieser Zeit war es keine Seltenheit, dass die meist außerhalb der Gefängnis-Mauern arbeitenden Insassen die lokale Bevölkerung in Angst versetzten. Das führte unter anderem dazu, dass sich die Zivilbevölkerung angesichts der empfundenen Bedrohung massiv bewaffnete.

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Ausbrüche und ein blutiger Aufstand

Der berühmteste Ausbruch aber gelang wohl James Earl Ray, dem späteren Mörder von Martin Luther King. Zu 20 Jahren Haft verurteilt, versteckte er sich 1967 in der Gefängnis-Bäckerei in einem Container und wurde so von einem Truck unbemerkt in die Freiheit befördert. Am 4. April 1968 verübte Ray dann das Attentat auf den berühmten Bürgerrechtler. Für diese Tat verurteilte man ihn wiederum zu 99 Jahren Gefängnis. Insgesamt 40 Insassen der Missouri State Penitentiary verließen die Anstalt aber nie wieder lebend, weil man sie im Lauf der Jahre hinrichtete. Sie beendeten ihr Dasein in der 1937 erbauten Gaskammer. Zu diesem Zeitpunkt lebten in dem Gefängnis bereits weit mehr als 5000 Häftlinge.

Landesweite traurige Berühmtheit erlangte die Missouri State Penitentiary dann im Jahr 1954, als ein zwei Tage andauernder, blutiger Aufstand in seinen Mauern ausbrach. Zwei Häftlingen gelang es, zwei Wärter zu überwältigen und so an deren Schlüssel zu gelangen. Rasch waren zahllose andere Gefangene befreit, die randalierten und wahllos Gegenstände und bald auch ganze Gebäude in Brand steckten. Die Polizei und Einheiten der Nationalgarde umstellten den Knast, in dem fast 2500 Insassen die Kontrolle übernommen hatten. Nur durch die Anwendung von Gewalt, die letztlich zu vier Toten und mehr als 50 Verletzten auf beiden Seiten führte, konnte der Aufstand schließlich beendet werden. Es entstand dabei ein Sachschaden von fünf Millionen Dollar.

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Geister-Touren und berühmte Gangster

Zwischen 1963 und 1964 kam es auf dem Gelände des Missouri State Penitentiary laut der offiziellen Seite von Jefferson City zudem zu derart vielen brutalen Gewalttaten, dass das „Time Magazin“ den Ort 1967 als die „blutigsten 19 Hektar der USA“ bezeichnete. Seit 1989 wurden hier zumindest keine Todesstrafen mehr vollstreckt. Am 15. September 2004 schloss das Gefängnis für immer seine Pforten. Zumindest für Häftlinge, denn seitdem hat es sich zu einem der größten Touristenmagneten der Stadt entwickelt. Das liegt wohl unter anderem auch an den zahlreichen berühmten Insassen, die hier im Laufe der Zeit einsaßen. Darunter etwa der Gangster Charles Arthur „Pretty Boy“ Floyd. Aber auch der spätere Schwergewichtsweltmeister im Boxen, Sonny Liston, verbüßte eine Strafe hier.

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Heute bietet das Missouri State Penitentiary neugierigen Besuchern stolze 17 verschiedene Möglichkeiten für eine Tour an. Darunter befinden sich zahlreiche Geister-Führungen, denn wenig verwunderlich soll es in den alten Gemäuern auch spuken. Für mehrere Stunden oder auch über Nacht können Fans des Okkulten dann die besonders gruselige Atmosphäre des Ortes genießen. Aber auch „normale“ Touren mit einem Fokus auf die Geschichte oder Fotografie gibt es im Angebot. Wer noch mehr erfahren möchte, kann sich auch in einem Museum über das ehemalige Gefängnis weiterbilden. Eine Tour durch die Anlage ist nur mit einem Guide möglich.

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